Tag der Politikwissenschaft 2018

Der Tag der Politikwissenschaft stand in diesem Jahr unter einem ganz besonderen Vorzeichen, konnte das 1993 gegründete Institut für Politikwissenschaft damit doch sein 25jähriges Bestehen feiern. Frühzeitig begannen daher schon die Vorbereitungen, und die Leitung des Instituts hatte die Initiative ergriffen, das Jubiläum mit der Ehrung einer besonderen Persönlichkeit der Zeitgeschichte zu verbinden. Roland Jahn, heute Beauftragter der Bundesregierung für die Unterlagen der Staatssicherheit, ist in Jena aufgewachsen und hatte hier auch ein Studium der Wirtschaftswissenschaften begonnen. Im Jahr 1977 wurde er von der Friedrich-Schiller-Universität exmatrikuliert, weil er sich nicht hinter die Ausbürgerung Wolf Biermanns gestellt hatte. Nach weiteren oppositionellen Aktivitäten wurde Roland Jahn 1983 schließlich vom SED-Regime in die Bundesrepublik abgeschoben und gegen seinen Willen ausgebürgert. Als Journalist unterstütze er nun die Sache der Opposition in der DDR und erzeugte in der Bundesrepublik Aufmerksamkeit für ihre Anliegen. Seit 2011 leitet Roland Jahn in Nachfolge von Joachim Gauck und Marianne Birthler die sogenannte Stasi-Unterlagenbehörde.

Auf Initiative des Instituts für Politikwissenschaft hatte sich der Rat der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften im Vorfeld dafür ausgesprochen, Roland Jahn die Ehrendoktorwürde der FSU Jena zu verleihen und damit nicht nur seine Leistungen um die wissenschaftliche und öffentliche Aufarbeitung der SED-Diktatur zu würdigen, sondern auch als ein Stück persönlicher Wiedergutmachung nach der Exmatrikulation vor mehr als 30 Jahren. Vor der eigentlichen Festveranstaltung in der Aula hatte sich Roland Jahn die Zeit genommen, um mit Studierenden des Instituts und unter der Moderation von Dr. Andreas Braune über das ‚Leben in der Diktatur‘ zu sprechen – was es für die Eltern- und Großelterngeneration der heutigen Jugend bedeutete, aber auch, ob und wie dies heute noch Thema in den Familien ist. Zur Vorbereitung des Gesprächs hatte der Förderverein des Instituts allen Teilnehmern ein Exemplar des Buches ‚Wir Angepassten‘ von Roland Jahn gesponsort.

Die anschließende Festveranstaltung zum Tag der Politikwissenschaft verband die übliche Ehrung der Absolventinnen und Absolventen des Instituts mit der feierlichen Verleihung der Ehrendoktorwürde durch den Präsidenten Prof. Dr. Walter Rosenthal. Nach einer Begrüßung durch den Institutsdirektor Prof. Dr. Torsten Oppelland und den Dekan der Fakultät Prof. Dr. Nils Berkemeyer sowie einem Grußwort des Ministerpräsidenten Ramelow hielt Jenaers Oberbürgermeister Albrecht Schröter eine sehr persönliche Laudatio. Sie hatte noch einmal an Wirkungen gewonnen, da die erzwungene Trennung von seiner Heimatstadt sich für Roland Jahn an diesem 8. Juni exakt zum 35. Mal gejährt hatte. Sichtlich bewegt begann er daher seinen Vortrag, in dem er „Respekt vor der Biografie“ und damit die Anerkennung der vielen Grautöne im Leben in einer Diktatur und die Anerkennung individueller Leistungen und Schicksale einforderte.

Anschließend ging der Tag der Politikwissenschaft zu seinem gewohnten und geschätzten Prozedere über. Nach einer Absolventenrede zeichneten der Vorsitzende des Fördervereins Dr. Mario Voigt und Roland Jahn gemeinsam die besten Absolventinnen und Absolventen des vergangenen akademischen Jahres 2017/18 aus. Neben Examenspreisen für die besten Master- und Staatsexamensarbeiten der unterschiedlichen Teilbereiche wurde Dr. Matthias Schulze mit dem Promotionspreis ausgezeichnet. Bei einem anschließenden Empfang im Innenhof des Universitätshauptgebäudes erhielten die übrigen Absolventinnen und Absolventen ihre Abschlussurkunden, und der Tag der Politikwissenschaft klang bei Speis und Trank aus.